„Wer als freiberuflicher Übersetzer erfolgreich sein will, muss sich spezialisieren“, sagen die einen, während die anderen davon überzeugt sind, dass nur die Diversifikation der einzig seligmachende Weg ist. Wer nun Recht hat und ob überhaupt einer von beiden Recht hat, damit beschäftigt sich meine Kollegin Ricarda Essrich in ihrem neuerschienenen Buch „Positionierung als freiberuflicher Übersetzer – Spezialisierung oder Diversifikation?“.
Auch wenn der Untertitel dies vielleicht suggerieren mag, geht es in dem Buch nicht nur um eine Erörterung, was von beiden nun besser ist. Stattdessen beschäftigt sich ein größerer Teil des Buches damit, wie ich meine persönliche Spezialisierung finde und ausbaue, und bietet damit einen echten Mehrwert. Die Autorin schildert sehr ausführlich, wie man dabei vorgehen kann, und zeigt dabei quasi im Vorbeigehen, welche Vorteile eine Spezialisierung bietet. Sie macht dem Leser klar, dass die Spezialisierung eindeutig die besseren Aussichten bietet, als freiberuflicher Übersetzer ein vernünftiges Einkommen zu erzielen. Spezialisierung im Vergleich zum kunterbunten Bauchladen wohlgemerkt. Denn eine geschickte Diversifikation kann auch ein erfolgreicher Weg sein, sofern man darunter eben nicht einen wild gemischten Bauchladen versteht. Aber genau das ist der Knackpunkt: Viele Übersetzer denken bei „Diversifikation“ offenbar an einen Generalisten, der alles Mögliche anbietet, meistens aus Angst, sonst nicht genug Kunden gewinnen zu können. Nicht jeder macht sich dabei klar, dass er für Übersetzungen in Gebieten, in denen er sich nicht so gut auskennt, mehr Zeit und Arbeit aufwenden muss, um eine qualitativ gute Übersetzung zu erreichen. Damit sinkt aber auch der Stundenlohn, den er mit seiner Arbeit erzielt. Andererseits kann man sich mit einer sinnvollen Diversifikation wiederum eine Art Alleinstellungsmerkmal schaffen, das für den wirtschaftlichen Erfolg sehr gute Aussichten bietet. Auf genau solche Dinge weist Ricarda Essrich in ihrem Buch hin. Erfolgreicher Freiberufler zu sein, heißt auch, rechnen zu können, und daran hapert es meiner persönlichen Erfahrung nach leider bei so manchem. Nicht nur bei Übersetzern.
Fazit: Ricarda Essrichs Buch gibt jede Menge Denkanstöße. Man merkt deutlich, dass sie sich auch mit der finanzielle Seite des Übersetzerlebens intensiv beschäftigt hat. Patentrezepte bietet sie hingegen nicht, denn letztendlich muss jeder seinen oder ihren eigenen Weg finden. Mit diesem Buch ist man für die Suche danach auf jeden Fall gut gerüstet.
Vielen Dank an den Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.
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Ricarda Essrich: Positionierung als freiberuflicher Übersetzer – Spezialisierung oder Diversifikation?
BDÜ Fachverlag 2017
ISBN: 978-3938430873
Preis: 27,- €
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